Seit dem 1. Januar 1998, also seit nunmehr 23 Jahren (Hinweis im EPA Amtsblatt 12-1997, 572), verfügt das europäische Patentamt (EPA) über ein Kommunikationssystem welches das Abhalten von mündlichen Verhandlungen vor dem EPA per Videokonferenz erlaubt. Waren bis zu Beginn des Jahres 2020 solche mündlichen Verhandlungen als Videokonferenz nur für Verfahren vor der Prüfungsabteilung und in der Regel nur auf ausdrücklichen Antrag des Anmelders vorgesehen, so wurde diese Praxis mit Blick auf die europaweit geltenden Kontaktbeschränkungen auch auf mündliche Verhandlungen im sogenannten ex-parte Verfahren erweitert, also Verfahren in denen zumindest zwei Parteien mit dem EPA verhandeln. Auch vor den Beschwerdekammern des EPA finden mündliche Verhandlungen als Videokonferenz statt. Zudem sind seit dem 1. Januar 2021 auch Beweisaufnahmen per Videokonferenz in Verfahren vor dem EPA möglich (siehe Beschluss des Verwaltungsrats vom 15. Dezember 2020).
Das EPA hat im Laufe des Jahres 2020 dabei in gewisser Weise eine Kehrtwende vollzogen, so dass eine Partei nun ausdrücklich zu beantragen hat, keine Videoverhandlung sondern eine Präsenzverhandlung stattfinden zu lassen bzw. sie nicht per Videoschalte sondern in den Räumen des EPAs an einer ansonsten als Videoverhandlung durchgeführten Verhandlung teilnehmen darf.
Im Gegensatz hierzu ergibt die Suche nach dem Schlagwort „Videokonferenz“ auf der Internetseite des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) aktuell lediglich zwei Treffer. Einer verlinkt zu einem Artikel des DPMA vom November 2020, in dem unter der Überschrift „Wir handeln nachhaltig“ unter anderem moderne Videokonferenz-und Kommunikationstechnik für die DPMA-interne Kommunikation beworben wird. Der andere betrifft ein Informationsblatt zum Datenschutz bei Videokonferenzveranstaltungen des DPMA.
Auf Nachfrage zu diesem Thema bei der Pressestelle des DPMA wurde lediglich mitgeteilt, dass es derzeit nicht absehbar sei, ob und wann mündliche Verhandlungen vor den Organen des DPMA als Videokonferenz abgehalten werden können. Es sei aber geplant, ab Mai 2021 wieder mündliche Verhandlungen am DPMA durchzuführen, um den ohnehin schon großen Rückstau in den Verfahren nicht weiter ansteigen zu lassen.
Als Fazit bleibt festzuhalten: Während das EPA die Herausforderungen des Jahres 2020 zum Anlass genommen hat, seine ohnehin vorhandenen Möglichkeiten zum Abhalten mündlicher Verhandlungen als Videokonferenz auszubauen und großflächiger einzusetzen, nicht zuletzt um Verfahrensverzögerungen zu minimieren, sind seitens des DPMAs in dieser Hinsicht zunächst keine Fortschritte zu erwarten.
Markus Faig