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Keine ausführbare Erfindung bei fehlender Angabe von Mitteln zur Verwirklichung der technischen Lehre

Übertragungsleistungssteuerungsverfahren

Der BGH hat entschieden, dass für die Ausführbarkeit der Erfinung die Patentschrift erkennen lassen muss, durch welche Mittel und auf welche Weise die beanspruchte technische Lehre verwirklicht werden kann. Diesem Erfordernis ist nicht genügt, wenn die Patentschrifft lediglich stichwortartig ein abstraktes Ziel vorgibt, ohne auch nur andeutungsweise darüber Aufschluss zu geben, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

In einem vorangegangenen Nichtigkeitsverfahren hat das Bundespatentgericht das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt. Dagegen hat die Patentinhaberin Berufung an den BGH eingelegt. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Der BGH entschied im Urteil vom 29. März 2022, dass eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung der Erfindung im Streitpatent nicht gegeben ist, da

die Patentschrift die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann diese ausführen kann. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Steuerung der Sendeleistung in einem mobilen Kommunikationssystem. Der Patentschrift zufolge teilen sich in einem CDMA (Dode Division Multiple Acess)-Verfahren mehrere mobile Geräte dasselbe Frequenzband für die Kommunikation mit einer Basisstation. Das Streitpatent enthält jedoch keinerlei Erläuterungen, wie der beanspruchte Abwärts-Verkehrskanal ausgebildet sein müsste, um ein gemeinsames Übertragungssteuerungssignal von der Basisstation an mehrere mobile Geräte zu übertragen und zugleich eine Punkt-zu-Punkt Verbindung zwischen der Basissstation und einer Mobilstation zur Übertragung von Nutzerdaten zu realisieren. Das Streitpatent offenbart lediglich, dass für alle Mobilstationen ein gemeinsamer Abwärts-Verkehrskanal einzurichten ist. Wie ein solcher gemeinsamer Abwärtskanal geschaffen werden kann, wird weder durch ein Ausführungsbeispiel noch durch sonstige konkrete Hinweise offenbart.

Um dem Erfordernis der Ausführbarkeit der Erfindung zu genügen, muss die Patentschrift die Mittel erkennen lassen, durch welche die technische Lehre der Patentschrift unter Rückgriff auf allgemeines Fachwissen verwirklicht werden kann. Es genügt nicht, wenn die Patentschrift lediglich ein abstraktes Ziel vorgibt ohne zu offenbaren, wie dieses Ziel errreicht werden kann. Im vorliegenden Fall ergeben sich aus dem allgemeinen Fachwissen keine konkreten Anhaltspunkte, wie die Erfindung ausgeführt werden könnte, da hier ein Abwärtskanal typischerweise nur einer Mobilstation zugeordnet ist, also gerade kein gemeinsamer Abwärtskanal vorliegt. Der Fachmann wird folglich vor die Aufgabe gestellt, ein Konzept zur Umsetzung der abstrakten Zielvorgabe von Grund auf zu erarbeiten, ohne hierbei auf relevante technische Informationen in der Patentschrift zuzugreifen oder fehlende Informationen durch sein allgemeines Fachwissen ergänzen zu können. Aus diesem Grund entschied der BGH, dass das Streitpatent dem Erfordernis einer ausreichenden Offenbarung nicht genügt.

Mit dieser Entscheidung wird wieder einmal aufgezeigt, wie viel Wert auf eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Ausarbeitung einer Patentanmeldung gelegt werden sollte, um Schwierigkeiten hinsichtlich des Offenbarungsgehalts von vorneherein zu vermeiden.

Dr. Christoph Heinemann                                     Dr. Kerstin Sabrina Wienhold