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Berechnung des Schadensersatzanspruchs bei einer Zeichennutzung allein in der Werbung im Rahmen der Lizenzanalogie möglich

Urteil vom 22.09.2021 – I ZR 20/21

Leitsätze des BGH:

1. Wird ein Zeichen allein in der Werbung markenrechtsverletzend genutzt, schließt das nicht von vornherein aus, den Schadensersatzanspruch im Rahmen der Lizenzanalogie auf der Grundlage einer Umsatzlizenz zu berechnen. Die Wahl der Berechnungsgrundlage ist im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO in erster Linie Sache des Tatgerichts.

2. Bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs auf der Basis einer Umsatzlizenz kann eine Lizenzminderung bei einer Markenrechtsverletzung nur in der Werbung nicht damit begründet werden, es werde an einen Umsatz angeknüpft, der nur zu einem geringen Teil auf der Markenrechtsverletzung beruhe (Fortführung von BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 169/07GRUR 2010, 239 = WRP 2010, 384 – BTK). Der Umstand, dass die Markenrechtsverletzung sich auf die Werbung beschränkt, kann aber wegen einer möglicherweise geringeren Intensität der Markenrechtsverletzung lizenzmindernd zu berücksichtigen sein.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

MarkenG § 14 Abs. 6 Satz 3; ZPO § 287 Abs. 1.

Das Gericht führt in seiner Begründung zur Lizenzanalogie in der Rn. 13 ff. wie folgt aus:

2. Bei der Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist maßgeblich, was vernünftige Vertragsparteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags als Vergütung für die Benutzung des Kennzeichens vereinbart hätten. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 169/07GRUR 2010, 239 Rn. 20 = WRP 2010, 384 – BTK; Urteil vom 18. Juni 2020 – I ZR 93/19GRUR 2020, 990 Rn. 12 = WRP 2020, 1189 – Nachlizenzierung, mwN).

Zur Beurteilung der Frage, welcher Lizenzsatz bei der Verletzung eines Kennzeichenrechts angemessen ist, ist auf die verkehrsübliche Lizenzgebühr abzustellen, die für die Erteilung des Rechts zur Benutzung des Kennzeichens zu zahlen wäre. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die auch bei freien Lizenzverhandlungen auf die Höhe der Vergütung Einfluss gehabt hätten (zum Designrecht vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 – I ZR 263/02GRUR 2006, 143, 146 [juris Rn. 28] = WRP 2006, 117 – Catwalk, mwN). Als Ausgangspunkt der Beurteilung kann die Bandbreite marktüblicher Lizenzsätze für die in Rede stehende Kennzeichenart herangezogen werden (vgl. BGH, GRUR 2010, 239 Rn. 25 – BTK, mwN). Bei Kennzeichen spielen als wertbildende Faktoren der Bekanntheitsgrad und der Ruf des Zeichens eine maßgebliche Rolle. Außerdem kommt es auf das Maß der Verwechslungsgefahr an (vgl. BGH, GRUR 2010, 239 Rn. 25 – BTK), insbesondere auf den Grad der Zeichenähnlichkeit (zum Designrecht vgl. BGH, GRUR 2006, 143, 146 [juris Rn. 28] – Catwalk). Daneben sind Umfang (zum Urheberrecht vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 – I ZR 6/06GRUR 2009, 407 Rn. 29 = WRP 2009, 319 – Whistling for a train) und Dauer der Verletzungshandlung (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 209, 210 [juris Rn. 29]) ebenso zu berücksichtigen wie deren Intensität (zum Designrecht vgl. BGH, GRUR 2006, 143, 146 [juris Rn. 28] – Catwalk; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 209, 211 [juris Rn. 31]). Auch ein Marktverwirrungsschaden kann in die Bemessung der Lizenzgebühr einzubeziehen sein (vgl. BGH, GRUR 2010, 239 Rn. 29 – BTK). Die Erhöhung des Lizenzsatzes durch einen Verletzerzuschlag kommt nicht in Betracht; ein solcher Zuschlag ist mit den Grundlagen des deutschen Schadensersatzrechts unvereinbar (vgl. BGH, GRUR 2020, 990 Rn. 26 – Nachlizenzierung).

3. Die Höhe der danach als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist vom Tatgericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Diese Schadensschätzung unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Überprüfbar ist lediglich, ob das Tatgericht Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, GRUR 2020, 990 Rn. 13 und 37 – Nachlizenzierung; BGH, Urteil vom 27. Juli 2021 – VI ZR 480/19WM 2021, 1659 Rn. 24; vgl. auch BGH, GRUR 2010, 239 Rn. 21 – BTK).

Die gesamte Entscheidung ist hier nachzulesen.

Mascha Heidelberg