Die neugefasste Vorschrift zum örtlichen Gerichtsstand gemäß § 14 Abs. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist am 02. Dezember 2020 in Kraft getreten und schafft den sog. fliegenden Gerichtsstand bei Internetsachverhalten für inländische Beklagte ab. Die neue Sonderregelung der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts beruht auf dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 (BGBl. I S. 2568, bereits angekündigt in MSP News vom 15. Oktober 2020). Sie gilt für Klagen und mittelbar auch für den Antrag auf einstweilige Verfügung. Die dort vorgesehenen Gerichtsstände sind ausschließlich; ein anderes Gericht kann daher weder durch Vereinbarung noch durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache zuständig werden. Damit wird das im UWG früher unbeschränkte Wahlrecht des Klägers bei Werbung im Internet, welche auch die Anrufung des Gerichts am Begehungsort umfasste, nicht unerheblich beschnitten.
- Die neue Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 nF sieht zunächst den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten vor (vorher war in erster Linie der Gerichtsstand der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Niederlassung maßgeblich).
- Der Kläger kann zwar wahlweise weiterhin nach § 14 Abs. 2 Satz 2 nF das Gericht anrufen, „in dessen Bezirk die Handlung begangen ist“ (Gerichtsstand des Begehungsortes oder auch sog. fliegender Gerichtsstand).
- Allerdings gelten dort seit dem 02. Dezember 2020 gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 nF Einschränkungen:
So gilt im UWG der sog. fliegende Gerichtsstand insbesondere nicht mehr für „Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“, es sei denn, der Beklagte hat im Inland keinen allgemeinen Gerichtstand. Somit steht dem Kläger beim Vorgehen gegen inländische Wettbewerber grundsätzlich nur mehr der – aus Klägersicht oft ungünstige – allgemeine Gerichtsstand des Beklagten zur Verfügung. Bei ausländischen Wettbewerbern bleibt insofern alles beim Alten.
Unter dem Begriff „Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ sollen solche Rechtsverletzungen fallen, die sich ausschließlich in Telemedien verwirklichen und nur rein virtuell gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften verstoßen, z.B. durch den Inhalt eines nur online veröffentlichten Angebots oder einer reinen Internet-Werbung.
Folglich steht der fliegende Gerichtsstand zumindest dann weiterhin offen, wenn es zu einer unlauteren geschäftlichen Handlung, wie eine irreführende Werbung, nicht ausschließlich im Internet kam, sondern zumindest auch nachweisbar über andere Verbreitungswege, wie z.B. durch postalischen Versand, Auslegen von Werbematerial, Anzeigen in Zeitungen.
Ebenso von der Einschränkung nicht erfasst sind Konstellationen, bei denen neben UWG- gleichzeitig auch marken- oder designrechtliche Ansprüche vorliegen. Ähnlich verhält es sich bei urheber-, gebrauchsmuster- oder patentrechtlicher Anspruchskonkurrenz, wonach ein danach örtlich zuständiges Gericht kraft Sachzusammenhang auch über UWG-Fragen entscheiden kann, zumindest soweit derselbe Streitgegenstand gegeben ist.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass beim Vorgehen gegen inländische Wettbewerber aufgrund von Wettbewerbsverstößen, die nur im Internet stattfinden, jetzt nur noch das Gericht am Sitz des Wettbewerbers zuständig ist. Wird der Wettbewerbsverstoß von mehreren Personen, die Ihren Sitz an unterschiedlichen Orten haben (z.B. GmbH und Geschäftsführer), begangen, kann dies zu einer Aufspaltung von Prozessen führen.
Marie-Christine Seiler